Hans-Jürgen Krahl
Der vagabundierende Revolutionär
von Matthias Micus
Warum Krahl? Welche Berechtigung gibt es, in einem Buch über »Göttinger Köpfe« einen Text über den »Cheftheoretiker« des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) zu schreiben? Zweifellos war er für die radikal linken Studenten der späten sechziger Jahre ein »Kopf«, ohne jede Frage auch hatte er eine Zeitlang in Göttingen gelebt. Doch beschränkte sich sein Aufenthalt in Göttingen auf zwei kurze Jahre. Krahl traf mit zwanzig Jahren in der südniedersächsischen Universitätsstadt ein und zog mit 22 Jahren weg, er begann hier sein Studium. Frisch gebackene Gymnasiasten aber sind keine Köpfe, sie sind Suchende, die sich in einem ihnen noch völlig fremden Wissenschaftsfeld unsicher und anfangs ziellos vortasten. Wirkung entfaltete, Bekanntheit erlangte Krahl denn auch erst in seiner Frankfurter Zeit, die sich an die Göttin- ger Jahre anschloss und in der sich der Student in den bekannten Studentenführer verwandelte. Insofern ist zunächst eher zweifel- haft, ob bei Krahl berechtigt von einem »Göttinger Kopf« gesprochen werden kann.
Freilich scheint es überhaupt ein Kennzeichen von Krahl zu sein, dass etliche Unsicherheiten über sein Leben bestehen, dass Legenden über ihn kolportiert werden und Mythen ihn umwittern. Virtuos vermochte Krahl Märchen zu erzählen, wortreich malte er seine Herkunft, Kindheit und seinen Werdegang in den phantastischsten Farben und bewegte sich mit traumwandlerischer Sicherheit …
Der vollständige Beitrag “Hans-Jürgen Krahl. Der vagabundierende Revolutionär” von Matthias Micus ist erschienen in: Göttinger Köpfe und ihr Wirken in der Welt. S- 227-237.
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